Testament – Auslegung des Begriffs „unser Vermögen“

Zwei Eheleute setzten sich in einem Berliner Testament (Ehegattentestament) gegenseitig zu Alleinerben „unseres gesamten Nachlasses“ und setzten nach dem Tod des Letztversterbenden von Beiden die Tochter als Erbin „unseres gesamten Vermögens“ ein.

Nachdem der Vater als Erster verstorben war, wurde für die Mutter eine Betreuerin eingesetzt, die zur Finanzierung der Betreuungskosten ein Haus, das dem verstorbenen Vater und der Mutter gehört hatten, verkaufen wollte.

Die Tochter versuchte das zu verhindern und argumentierte wie folgt: Das Testament sei so zu verstehen, dass die Mutter als Vorerbin und sie als Tochter als Nacherbin nach dem Tod des Vaters eingesetzt sein sollte. Der Verkauf des Hauses, das auch dem Vater gehört habe, sei daher nur mit ihrer Genehmigung zu verkaufen; diese Genehmigung erteile sie aber nicht.

Beschluss des OLG Brandenburg vom 20.1.2021

In seiner Entscheidung (Az: 3 W 134/20, veröffentlicht in NJW-Spezial 2021, 135) folgte das OLG der Meinung der Tochter nicht.

Zunächst stellt das OLG dar, dass es bei Auslegung eines Testaments in erster Linie auf den wirklichen Willen der Erblasser ankomme und nicht unbedingt auf den reinen Wortlaut.

Wenn außer dem Wortlaut aber keine Hilfen oder Anhaltspunkte für eine Auslegung vorhanden sind, muss nur der Wortlaut ausgelegt werden.

Dabei ist im vorliegenden Fall zu bedenken, dass die Eltern eine Vor- und Nacherbschaft hätten formulieren können, wenn sie dies gewollt hätten. Wenn dies aber nicht geschehen ist, spricht viel dafür, dass es dann auch nicht beabsichtigt war.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Eheleute ihr beiderseitiges Vermögen als einen einheitlichen Vermögensgegenstand sehen wollten. Es sei eben nicht beabsichtigt gewesen, zwischen dem Vermögen des Erstversterbenden und dem des Überlebenden zu trennen. Das Gericht verweist insoweit auf die gesetzliche Auslegungsnorm des § 2269 I BGB.

Konsequenz

Es zeigt sich gerade in erbrechtlichen Fällen wieder, wie wichtig es ist, sich fachlich beraten zu lassen, wenn man sicherstellen möchte, dass das, was man wirklich möchte, auch genau und konkret genug formuliert wird.

Bonn, den 22.3.2021