Eine gar nicht mehr so neue Entscheidung des EUGH aus Mai 2019 (Az. C-55/18, veröffentlicht in NZA 2019,683) wirkt sich auf die Entscheidungen nationaler Arbeitsgerichte zur Vergütung von Überstunden aus.
Der EUGH hatte befunden, dass die Mitgliedstaaten ihre Arbeitgeber durch gesetzliche Maßnahmen verpflichten müssen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ einzurichten, mit dem die von jedem Arbeitnehmer täglich geleistete Arbeitszeit gemessen werden kann.
Nun ist der deutsche Gesetzgeber bisher untätig geblieben. Dies führt allerdings nicht unbedingt zu Nachteilen für den Arbeitnehmer. Dies aus folgenden Gründen:
Ein Arbeitnehmer, der eine Überstundenvergütung einklagt, muss in einem ersten Schritt darlegen und beweisen, zu welchen Zeiten er wie viele Überstunden geleistet hat. In einem zweiten Schritt muss er darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber diese Überstunden angeordnet hat oder die Überstunden von ihm zumindest geduldet wurden.
Dabei konnte sich ein Arbeitgeber schon vor der Entscheidung des EUGH nicht damit begnügen, den Vortrag des Arbeitnehmers einfach nur zu bestreiten, indem er z.B. erklärt, er bestreite die Höhe der vom Arbeitnehmer behaupteten Überstunden.
Jetzt nach der Entscheidung des EUGH scheinen die deutschen Arbeitsgerichte trotz der fehlenden gesetzlichen Regelung höhere Anforderungen an den Vortrag der Arbeitgeber zu stellen (siehe die in Beck RS 2020, 5213 und NZA-RR 2021, 15). Dieser muss sich fragen lassen, weswegen er nicht Zeiterfassungssysteme installiert hat, die ihn in die Lage versetzen, die Überstunden zu erfassen, zur Kenntnis zu nehmen und dem Arbeitnehmer gegenüber aktiv zu werden. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, stärker auf die auflaufenden Überstunden Einfluss zu nehmen. Tut er dies nicht, wird er es in Überstundenprozessen schwer haben.
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