Das OLG Naumburg (Beschluss vom 29.3.2012, Az 2 WX 60/11, veröffentlicht in NJW-Spezial 2012/ 391) hatte über folgenden Fall zu entscheiden:
Handschriftliches Testament
Der Verstorbene hatte zu Lebzeiten während eines Krankenhausaufenthalts in Gegenwart seines Neffen und dessen Ehefrau ein handschriftliches Testament erstellt. In diesem setzte er seinen Neffen zum Alleinerben ein. Er bat die Frau des Neffen, eine Kopie zu fertigen und ihm anschließend das Original wieder auszuhändigen.
Die Kopie sollte die Frau behalten. Der Testierende starb dann einige Zeit später. Das Original des Testaments tauchte nicht auf. Es wurden daher die gesetzlichen Erben ermittelt.
Jahre nach dem Tod des Testierenden las diese zufällig in einer Zeitschrift, dass ggf. auch die Kopie eines Testaments ausreicht. Der Neffe legte daher dem Nachlassgericht die Kopie des Testaments vor und beantragte die Erstellung eines Erbscheins mit ihm als Erben. Das lehnte das Amtsgericht ab. Das OLG Naumburg korrigierte dies und erteilte den Erbschein.
OLG Naumburg korrigierte dies und erteilte den Erbschein
Das OLG wies zunächst darauf hin, dass grundsätzlich das Original vorliegen muss und es nur die absolute Ausnahme sein kann, dass eine Kopie ausreicht. In diesem Zusammenhang müssen Ermittlungen angestellt werden, ob der Erblasser das Testament nur verloren hat oder bewusst (etwa durch Vernichtung) aus dem Verkehr gezogen hat.
Liegen für einen solchen Vernichtungswillen keine Anhaltspunkte vor, bleibt die Wirksamkeit des (im Original unauffindbaren) Testaments bestehen, wenn die Originalurkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verlorengegangen oder sonst unauffindbar ist.
Die gilt übrigens sogar für den Fall, dass auch keine Kopie des Testaments mehr auffindbar ist, also gar nichts Schriftliches mehr existiert. Wenn dann eindeutig nachgewiesen werden kann, welchen Inhalt ein Testament hatte, würde dies ausreichen.
Vorsichtshalber ist darauf hinzuweisen, dass in allen derartigen Konstellationen die Anforderungen an die Nachweispflicht sehr hoch sind.
Sollten Sie Fragen zum Erbrecht haben, wenden Sie sich bitte an den in unserer Praxis für Erbrecht zuständigen Rechtsanwalt Robert Erdrich.
Autor: RA Robert Erdrich