Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit

FamFG § 113 Abs. 1; ZPO § 42

  1. Ein Richter kann wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn objektive Gründe vorliegen, die, vom Standpunkt der betreffenden Partei aus betrachtet, in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters zu wecken.
  2. Wenn ein Richter einen Parteivertreter in einem Termin darauf hinweist, dass er „mit diesem Verfahren das Geld seines Mandanten verbrenne“, verlässt er den Rahmen sachbezogener Auseinandersetzung und ist wegen Befangenheit abzulehnen.(Leitsätze des Verfassers) OLG Köln, Beschluss vom 31.10.2012– II-4 WF 122/12

Sachverhalt

Der anwaltlich vertretene Antragsteller beantragt in einem Ehescheidungsverfahren mit Antrag vom 6.3.2012 die Scheidung der Ehe und trägt vor, die Eheleute lebten seit Januar 2011 voneinander getrennt; jedenfalls würde aber das Festhalten an der Ehe eine unzumutbare Härte darstellen. Die Antragsgegnerin behauptet demgegenüber, eine Trennung sei erst zum 1.3.2012 erfolgt. Nachdem der Antragstellervertreter in einem ersten Termin am 20.6.2012 keinen Antrag gestellt hatte, worauf am 3.7.2012 ein den Antrag abweisender Versäumnisbeschluss erging, kommt es nach Einlegung des Einspruchs gegen diesen Beschluss am 8.8.2012 zu einem Verhandlungstermin. In diesem erteilt der Richter in Gegenwart des Antragstellers den Hinweis, „dass der Antragsteller-Vertreter mit diesem Verfahren das Geld seines Mandanten verbrenne“.

Daraufhin lehnt der Antragsteller den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab und begründet dies damit, dass mit der beanstandeten Äußerung unzulässig in das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Verfahrensbevollmächtigten eingegriffen werde. Auch lasse die Tatsache, dass sich dem Gericht ein wirtschaftlicher Sinn einer bestimmten Prozessführung nicht erschließe, nicht unbedingt darauf schließen, dass ein solcher auch nicht bestehe, da er sich auch aus dem Gericht nicht vorgetragenen Umständen ergeben könne.

Der Richter hält sich in seiner dienstlichen Äußerung nicht für befangen. Das Amtsgericht weist das Ablehnungsgesuch zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Entscheidung

Das OLG hebt den Beschluss des Amtsgerichts auf und erklärt die Ablehnung des Richters für begründet. Es komme auf den Standpunkt der betreffenden Partei an. Dabei sei zu prüfen, ob objektive Gründe vorlägen, die in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet seien, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters zu wecken. Nicht erforderlich sei, dass der Richter tatsächlich befangen sei; auch sei unerheblich, ob er sich für befangen halte.

Evident unsachliche oder unangemessene sowie herabsetzende oder beleidigende Äußerungen eines Richters in der mündlichen Verhandlung seien grundsätzlich geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Zwar gehöre es zur Aufgabe eines Richters, sich wertend zum Sachvortrag der Beteiligten zu äußern. Dabei könnten rechtliche und tatsächliche Aspekte eines Verfahrens auch kontrovers mit den Beteiligten diskutiert werden, wobei auch der Richter emotional reagieren könne. Allerdings habe sich der Richter nach Ton und Wortwahl auf das sachlich Gebotene zu beschränken. Unsachlich abfällige Bemerkungen begründeten dagegen den Verdacht, der Richter nehme das Anliegen eines Beteiligten nicht ernst.

Mit seiner Bemerkung habe der Richter den Rahmen sachbezogener Auseinandersetzung verlassen. Er habe die Prozessführung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers in dessen Gegenwart durch bissige Ironie herabgewürdigt. Dabei komme es nicht darauf, dass sich die Bemerkung des Richters an den Verfahrensbevollmächtigten und nicht an den Antragsteller gerichtet habe, weil jedenfalls mit der Verfahrensführung auch das Anliegen des Beteiligten in der Sache abfällig kommentiert worden ist.

Auch komme es nicht darauf an, dass die Bemerkung des Richters in der Sache vielleicht zutreffen möge; es gehe gerade nicht um die Richtigkeit, vielmehr um die Form der Äußerung.

Praxishinweis

Die gut begründeten und ausführlich durch Hinweise auf andere Entscheidungen belegten Ausführungen des OLG sind in jeder Hinsicht zutreffend. Es muss daher verwundern, dass nicht schon das Amtsgericht den Richter für befangen erklärt hat. Dabei scheint es nach Auffassung des OLG auch nicht entscheidend darauf anzukommen, ob die Bemerkung in Gegenwart des Antragstellers erfolgte oder nicht, da das Gericht die Anwesenheit des Antragstellers nur am Rande erwähnte.

In der Sache mag ein Hinweis auf das Kostenrisiko sinnvoll und gerechtfertigt gewesen sein. Die äußerst abfällige Formulierung aber, in der der Hinweis erfolgte, war weder sachlich notwendig noch sachbezogen und führte daher richtigerweise zur Ablehnung des Richters wegen Befangenheit.

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Rechtsanwalt Robert Erdrich, Bonn  13.02.2013