Kann ein als Vollmacht überschriebener Text als Testament gewertet werde?
Das OLG München (Beschluss vom 19.12.2012 Az. 31 WX 434/12, veröffentlicht in NJW-RR 2013, 329) hatte über folgenden Fall zu entscheiden:
Ein Erblasser hatte einen handschriftlichen Text verfasst, den er mit Vollmacht überschrieben hatte. Im Text hatte er Regelungen für den Fall getroffen, „dass bei einem Unfall meiner Frau und mir mit Todesfolge ausgeht“ . Regelungen dazu, was sein soll, wenn er zuerst verstirbt und seine Frau ihn überlebt, enthielt der Text nicht.
Ein Kind machte nun nach Versterben des Erblassers (die Ehefrau lebte noch) geltend, auch für diesen Fall gelte das, was in dem Text stehe. Dort war nämlich geregelt, dass dieses Kind frei über das Vermögen verfügen dürfe. Ein anderes Kind war hiermit nicht einverstanden und brachte insbesondere vor, eine Vollmacht sei kein Testament. Das OLG wies zurecht auf Folgendes hin:
- Ein Text könne auch eine letztwillige Verfügung darstellen, wenn er fälschlicherweise mit Vollmacht überschrieben sei. Entscheidend sei, ob sich aus dem Text ein Testierwille entnehmen lasse; der Erblasser müsse sich bewusst gewesen sein, das Schriftstück könne als sein Testament angesehen werden. Da ausdrücklich Regelungen für den Fall des Todes getroffen worden seien, bestehe am Testierwillen kein Zweifel.
- Der Text sei so zu verstehen, dass nur Regelungen für die Zeit getroffen sein sollten, in dem beide Eheleute verstorben seien. Keine Bestimmung sei erfolgt für den Fall, dass nur einer von beiden vorversterbe. Dies habe zur Folge, dass für diesen Fall die gesetzliche Erbfolge gelte.
Folge
Um Auseinandersetzungen zwischen Erben zu vermeiden, sollte ein Testament so klar wie möglich verfasst werden.
Da die erbrechtliche Materie sehr kompliziert ist, empfiehlt es sich, sich bei Abfassung eines Testaments fachkundig beraten zu lassen.
Sollten Sie Fragen zum Erbrecht haben, wenden Sie sich bitte an den in unserer Praxis für Erbrecht zuständigen Rechtsanwalt Robert Erdrich.