Verfügt ein Ehepartner nur über geringe oder gar keine Einkünfte, besitzt aber Vermögen, während der andere über so hohe Einkünfte verfügt, dass er Ehegattenunterhalt zahlen könnte, stellt sich folgende Frage:
Muss der unterhaltsberechtigte Ehepartner sein Vermögen oder Teile hiervon einsetzen mit der Folge, dass der andere Ehepartner dann geringeren oder keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat?
Unproblematisch ist
Der Ehepartner mit Vermögen muss sich jedenfalls Erträge aus diesem Vermögen als Einkommen anrechnen lassen. Gemeint sind Mieteinnahmen aus einer vermieteten Immobilie, Zinseinnahmen aus angelegtem Geld, Dividenden aus Aktienbesitz und ähnliches.
Problematisch ist
Muss auch der Vermögensstamm eingesetzt werden, d.h. muss Geld vom Konto genommen und der angelegte Geldbetrag reduziert werden oder müssen Aktien verkauft werden etc?
Lösung
Was den _nachehelichen Unterhalt_ betrifft, also den Unterhalt nach der Ehescheidung, findet sich im Gesetz (§ 1577 III BGB) eine Regelung. Dort heißt es, dass der Vermögensstamm zu verwerten ist, soweit die Verwertung nicht unwirtschaftlich und angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten nicht unbillig ist.
Für den _Trennungsunterhalt_ fehlt eine solche gesetzliche Regelung. Hier hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18.1.2012, veröffentlicht in NJW 2012, 1144) entschieden, dass **die Voraussetzungen für die Verwertung des Vermögensstamms während der Trennungszeit höher sind als nach der Scheidung.** Dabei kommt es auf den Einzelfall an. Man muss die beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse ansehen, auch die bisherige Handhabung der finanziellen Angelegenheiten während des Bestehens der Ehe und ähnliches mehr.
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 21.9.2011, Az XII ZR 173/09, veröffentlicht in NJW 2012, 1356) hat folgendes beurteilt: Ein Ehepaar hatte im Jahr 1979 einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, in welchem sich der sehr wohlhabende Ehemann zu umfangreichen Unterhaltszahlungen an seine Ehefrau verpflichtete. Die Ehe war 1970 geschlossen worden, die Ehefrau war im Zeitpunkt des Abschlusses des gerichtlichen Vergleichs 28 Jahre alt.
Fazit
Eine Musterlösung, an der man sich orientieren könnte, gibt es nicht. Es kommt auf den Einzelfall an. Wenn Sie sich beraten lassen wollen, wenden Sie sich an den in unserer Praxis im Familienrecht tätigen Fachanwalt für Familienrecht Robert Erdrich.
19.05.2014