Sachverhalt: Handschriftliches Testament zerrissen?
Wie ist es rechtlich zu bewerten, wenn von einem handschriftlichen Testament 2 gleichlautende Exemplare existieren und eines von beiden vom Testierenden zerrissen wird?
Die Oberlandesgerichte München und Köln hatten es mit folgenden Sachverhalten zu tun:
Im Fall des OLG München (veröffentlicht in NJW-RR 2020, 776) hatte der Testierende am selben Tag zwei inhaltlich identische Schriftstücke mit Verfügungen von Todes wegen errichtet. Eines von beiden vernichtete er, das andere nicht. Erklärungen dazu, weswegen das eine vernichtet wurde, gab es nicht.
Im Fall des OLG Köln (Erbrecht 2020, 568) existierten auch zwei gleichlautende Originale. Eines von beiden vernichtete der Testierende. Offen geäußerter Grund war, dass die zur Erbin eingesetzte Haushälterin einen schweren Vertrauensbruch begangen hatte, was der Grund für die Vernichtung des einen Testaments war.
Lösung: Zwei Testamente, eins zerrissen! Gilt das andere dennoch?
Es kommt darauf an, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Vernichtung des einen der beiden Testamente auch für das zweite noch existierende Testament gelten sollte.
Dies führte in den oben geschilderten Fällen dazu, dass
- Im Falle des OLG München von der Gültigkeit des noch existierenden 2. Testaments ausgegangen wurde, während
- Im Fall des OLG Köln klar war, dass der Vertrauensbruch, der zur Vernichtung eines der beiden Testamente führte, auch das 2. Testament umfasste, selbst wenn dieses – egal aus welchen Gründen – nicht vernichtet wurde.