Wo muss unterschrieben sein, wenn ein handschriftliches Testament aus mehreren Seiten besteht? Am Ende jeder Seite oder nur auf der letzten Seite?
Ergänzt man ein handschriftliches Testament, unterschreibt unter dem hinzugesetzten Text aber nicht: Stellt der hinzugefügte Text eine wirksame letztwillige Verfügung dar?
Nicht alle Blätter des Testaments müssen unterschrieben sein
Besteht ein Testament aus mehreren Blättern, muss nicht jedes einzelne Blatt unterschrieben sein; es genügt die Unterschrift auf der letzten Seite. Es muss aber sicher sein, dass die einzelnen Seiten/Blätter als Einheit erkennbar sind. Dies kann durch Nummerierung geschehen oder dadurch, dass sich aus dem fortlaufenden Text die Zusammengehörigkeit ergibt. Dies ist z.B. dann anzunehmen, wenn sich die Worte am Ende eines Blattes mit denen am Anfang des nächsten Blattes logisch fortsetzen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.1.2021, Az. 1-3 WX 194/20, veröffentlicht in FamRZ 2021, 1248)
Mögliche Komplikationen bei Änderungen nach Unterschreiben des Testaments
Die Problematik stellt sich z.B., wenn zeitlich nach der Abfassung (und Unterzeichnung) eines Testaments Ergänzungen oder Änderungen im Text vorgenommen werden oder wenn unter der Unterschrift zusätzlicher Text hinzugefügt wird, wobei dieser Text nicht unterzeichnet wird.
In diesen Fällen kommt es darauf an, ob sich im Wege der Auslegung eines solchen Testaments ermitteln lässt, ob dies dem Willen des Testierenden entspricht, der neue Text also von der vorhandenen Unterschrift gedeckt sein soll. Dabei kann von Bedeutung sein, ob es einen im Testamentstext aufgenommenen Hinweis auf die nachträglich vorgenommene Ergänzung gibt, (BGH FamRZ 1974, 302; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.1.2021, Az. 1-3 WX 194/20, veröffentlicht in FamRZ 2021, 1248)
Im vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall hatte der Erblasser die zunächst durchgehende Nummerierung ergänzt (nach Seite 8 fügte er die Seite 8a ein; auch ergänzte er die Ziff. 2 um die Ziff. 2a). Ferner knüpfte der zusätzliche Text logisch an vorhandenen Text an.
Lieber eine Unterschrift zu viel, als zu wenig
Man sollte gleichwohl vorsichtig sein. Besser ist, auch hinzugefügten Text mit dem neuen Datum zu versehen und zu unterschreiben. Ebenso ist es besser, in den vorhandenen Text eingefügte Ergänzungen ebenfalls gesondert zu unterschreiben und möglichst mit dem Datum zu versehen.
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Bonn, den 15.8.2021