Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit der Frage beschäftigt, wie eine freiberufliche Praxis zu bewerten ist. In seinem Urteil vom 6.2.2008 (Az. XII ZR 45/06, veröffentlicht in FamRZ 2008, 761) hat er Grundsätze entwickelt, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Grundsätze der Bewertung des BGH
Der BGH bleibt dabei, dass eine zweifache Teilhabe an einem Vermögenswert (nämlich einerseits im Zugewinnausgleich und andererseits im Wege des Unterhalts) nicht stattfinden darf.
- Eine zweifache Teilhabe ist dann möglich (und wäre unzulässig), wenn zum Unterhalt auch der Vermögensstamm herangezogen wird. Nur ganz ausnahmsweise kann dies möglich sein, da beim Unterhalt grundsätzlich nur Einkommen und Vermögen (besser: Einkünfte aus Vermögen) berücksichtigt werden.
- Gerade bei einer freiberuflichen Praxis ist der persönliche Einsatz des Inhabers und dessen individuelle Arbeitskraft von Bedeutung. Diese darf zur Wertbildung nicht beitragen. Bewertungsobjekt können nur solche Ertragsmerkmale sein, die auf einen potentiellen Erwerber übertragbar sind.
- Die Höhe des Umsatzes stellt nach dem Urteil des BGH die richtige Ausgangsgröße dar. Zu ermitteln sind die Umsätze der letzten 3 Jahre. Hieraus ist ei jährlicher Durchschnittsbetrag zu errechnen. Der Wert einer Praxis könne dann mit 1/3 dieses jährlichen Durchschnittsumsatzes bemessen werden. Dabei seien signifikante Abweichungen nach oben und unten zu berücksichtigen, ebenso etwaige Abweichungen im laufenden noch nicht abgeschlossenen Jahr. Mit dieser Methode werde nicht nur der Substanzwert, sondern auch der good will einer freiberuflichen Praxis erfasst.
- Von dem so gefundenen Betrag (1/3 des Durchschnittumsatzes der letzten 3 Jahre) ist nicht ein pauschaler Unternehmerlohn abzuziehen, sondern der den individuellen Verhältnissen entsprechende Unternehmerlohn. Dabei sind die ehelichen Lebensverhältnisse heranzuziehen. Aus diesem lässt sich das Einkommen des Praxisinhabers ermitteln. Der so gefundene Betrag ist also vom Ausgangswert abzuziehen. Der dann ermittelte Endbetrag entspricht dem beim Zugewinn zu berücksichtigenden Wert der freiberuflichen Praxis.
- Abzuziehen ist auch die Steuerlast, die entstehen würde, wenn die Praxis verkauft würde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Praxis tatsächlich verkauft wird. Berücksichtigt man aber in irgendeiner Weise den Wert der Praxis, muss man fiktiv das abziehen, was an Steuern fällig würde, wenn der Vermögenswert versilbert würde (siehe insoweit auch OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 450).
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Autor: RA Robert Erdrich