Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann eine schwere und schuldhafte Verletzung der Pflichten des Arbeitsvertrags durch den Arbeitnehmer eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Allerdings setzt eine derartige Kündigung in der Regel eine einschlägige Abmahnung voraus.
Der Fall
Das BAG hatte sich in einer neuen Entscheidung mit dem Fall zu befassen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen eines Fehlverhaltens abgemahnt hatte. Nach Ausspruch der Abmahnung erfuhr der Arbeitgeber von weiteren Pflichtverstößen, die der Arbeitnehmer ebenfalls begangen hatte. Diese hatten sich zum Teil zeitlich vor der ausgesprochenen Abmahnung ereignet, teilweise danach. Der Arbeitgeber hatte dieses Fehlverhalten zum Anlass genommen, nunmehr eine Kündigung auszusprechen.
Das BAG hat auf der Basis dieses Sachverhalts folgende Grundsätze aufgestellt:
- Im Ausspruch einer Abmahnung liegt regelmäßig der stillschweigende Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen.
- Treten jedoch weitere Gründe zu den abgemahnten hinzu oder werden sie erst nach Ausspruch der Abmahnung bekannt, sind diese vom Kündigungsverzicht nicht umfasst. Der Arbeitgeber darf dann die weiteren Gründe zur Begründung einer Kündigung heranziehen und hierbei auf die bereits abgemahnten Gründe unterstützend zurückgreifen.
- Wird die Kündigung allerdings in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vorausgegangenen Abmahnung ausgesprochen, kann dies dafür sprechen, dass die Kündigung in Wirklichkeit wegen der bereits abgemahnten Pflichtverletzung erfolgt. Der Arbeitgeber muss in einem derartigen Fall daher genau vortragen und ggf. beweisen, dass neue oder später bekannt gewordene Gründe hinzugetreten sind und er sich erst wegen dieser zur Kündigung entschlossen hat.
BAG, Urteil vom 26.11.2009, 2 AZR 751/08, veröffentlicht u.a. in Der Betrieb, 2010, 733