Einfluss der Ehedauer auf Höhe und Dauer des Unterhaltsanspruchs im Ehegattenunterhalt

In seinem Urteil vom 20.10.2010 hat der BGH (Az. XII ZR 53,09, veröffentlicht in NJW 2010, 3653) neue Grundlagen verkündet, die bei der Bemessung von Ehegattenunterhaltsansprüchen zu berücksichtigen sind.

Ausgangslage

Aus einer Ehe mit einer Dauer von 27 Jahren waren 3 im Zeitpunkt der Scheidung schon lange volljährige Kinder hervorgegangen. Nur in den ersten 3 Ehejahren arbeitete die Ehefrau beruflich. Erst nach der Scheidung nahm sie wieder ihren Beruf als Erzieherin auf, wobei sie nur Teilzeitstellen fand, die zudem befristet waren. Die Ehefrau verlangt Unterhalt mit der Begründung, sie würde mehr verdienen, wenn sie die Berufstätigkeit nicht familienbedingt unterbrochen hätte.

Rechtslage

Der BGH sieht alleine in der Ehedauer keinen Grund, einen Unterhaltsanspruch auf Dauer zuzusprechen. Er hält vielmehr für entscheidend, ob ehebedingte Nachteile festzustellen sind und berücksichtigt hierbei die Kindererziehung, die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie – auch – die Ehedauer. Dabei ermittelt der BGH zunächst den angemessenen Lebensbedarf der Ehefrau, um sodann zu prüfen, welches Einkommen die Ehefrau erzielt oder erzielen könnte.

Wenn zwischen dem angemessenen Lebensbedarf und dem erzielbaren Einkommen eine Differenz besteht, sind dies ehebedingte Nachteile, die zu einem dauerhaften Unterhaltsanspruch führen können. Was ist nun der angemessene Lebensbedarf? Der BGH definiert diesen als den Betrag, den der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenem Einkommen zur Verfügung hätte. Man muss also prüfen, wie sich die berufliche Karriere fortgesetzt hätte, wenn der Unterhalt verlangende Ehepartner nicht wegen der Ehe und der Kindererziehung ausgesetzt hätte.

Folge

Erzielt der Ehepartner nach der Scheidung ein Einkommen, das er auch erzielt hätte, wenn er nicht geheiratet hätte, steht ihm nach einer gewissen Übergangszeit kein Unterhaltsanspruch mehr zu. Dies auch dann, wenn der geschiedene Ehepartner deutlich mehr verdient, so dass auch während der Ehe für alle Familienmitglieder mehr Geld zur Verfügung stand. An diesem höheren Einkommen wird nach der Scheidung also nur noch für eine Übergangszeit teilgenommen.

Ist es dagegen so, dass der Unterhalt begehrende Ehepartner berufliche Nachteile dadurch erlitten hat, dass er für viele Jahre nicht berufstätig war und deswegen z.B. nicht an Beförderungen oder ähnlichem teilgenommen hat, steht ihm auf Dauer ein Unterhaltsanspruch zu, um diese Differenz auszugleichen.

Tipp

Lassen Sie sich vom Rechtsanwalt für Familienrecht beraten, da – wie Sie sehen – die Rechtslage höchst kompliziert ist!