Besoldung der W2 Professoren verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem am 14.02.2012 verkündeten Urteil die Grenzen einer leistungsorientierten Besoldung für Beamtinnen und Beamte aufgezeigt und das vor 10 Jahren eingeführte und ganz wesentlich auch auf leistungsbezogene Besoldungselemente ausgerichtete System der W-Besoldung für Professorinnen und Professoren jedenfalls für Empfänger einer Besoldung nach W 2 für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist Hochschullehrer. Sein Grundgehalt beläuft sich auf knapp 3.900.- €. Zusätzlich erhält er einen sogenannten Berufungs-Leistungsbezug in Höhe von 23,72 € monatlich. Das hält das Bundesverfassungsgericht für evident unzureichend.

Dabei stellt es zunächst auf den Grundsatz der angemessenen Alimentation ab, die es dem Beamten ermöglichen muss, sich ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf zu widmen und in rechtlicher wie wirtschaftlicher Sicherheit und Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum zugewiesenen Aufgaben beizutragen, und dabei auch eine qualitätssichernde Funktion habe. Damit das Beamtenverhältnis für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv ist, müsse sich die Amtsangemessenheit der Alimentation auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden.

Das Gericht billigt dem Gesetzgeber dabei einen weiten Gestaltungsspielraum zu und sieht sich selbst nur zu einer zurückhaltenden, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkten Kontrolle der entsprechenden gesetzlichen Regelungen berufen, die nur dann greife, wenn der unantastbare Kerngehalt der Alimentation als Untergrenze nicht mehr gewahrt sei.

Von dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Alimentationsprinzips sei zwar, so das Gericht weiter, grundsätzlich auch die Einführung neuer und die Modifizierung bestehender Leistungselemente in der Besoldung gedeckt. Denn die Verwirklichung des Leistungsprinzips im Besoldungsrecht – über das Statusrecht einerseits sowie über das herkömmliche System der Dienstaltersstufen bei der Bemessung des Grundgehalts andererseits – schließe den Einsatz unmittelbar von der individuellen Leistung der Beamten abhängiger Besoldungsbestandteile nicht aus.

Entsprechende Leistungsbezüge müssten aber, um abgesenkte Grundgehaltssätze kompensieren zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein. Dies sei etwa dann der Fall, wenn die Kriterien für die Vergabe der Leistungsbezüge vom Gesetzgeber hinreichend bestimmt ausgestaltet seien und der einzelne Professor unter klar definierten, vorhersehbaren und erfüllbaren Voraussetzungen einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen hat.

Diese Vorgaben (des Art. 33 Abs. 5 GG) seien nicht erfüllt. Die W 2-Besoldung entspreche in ihrer Gesamtkonzeption nicht den Anforderungen, die das Alimentationsprinzip an eine amtsangemessene Alimentierung des betroffenen Personenkreises stelle. Eine Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Kriterien ergebe, dass die gewährte Besoldung evident unzureichend sei, weil in der Besoldungsgruppe W 2 sowohl die Grundgehaltssätze der durch das Professorenbesoldungsreformgesetz eingeführten Bundesbesoldungsordnung W als auch die späteren Grundgehaltssätze der hessischen Besoldungsordnung W unangemessen seien, und dieses Alimentationsdefizit durch die Leistungsbezüge in ihrer bisherigen Ausgestaltung nicht kompensiert würden.

Dazu wird ausgeführt: Die festen Grundgehaltssätze der Besoldungsordnung W genügten in der Besoldungsgruppe W 2 nicht, um dem Professor nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Der Gesetzgeber habe bei der Festlegung der Grundgehaltssätze die Sicherung der Attraktivität des Professorenamtes für entsprechend qualifizierte Kräfte, das Ansehen dieses Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Professor geforderte Ausbildung, seine Verantwortung und seine Beanspruchung nicht hinreichend berücksichtigt. Dies ergebe sich in erster Linie aus dem Vergleich der Grundgehaltssätze der Besoldungsgruppe W 2 mit den Grundgehaltssätzen anderer Besoldungsordnungen (es wird unter anderem der Vergleich zu Beamten der A-Besoldung gezogen: Das Grundgehalt des Klägers entspreche etwa der Besoldung eines 40-jährigen Oberregierungs- oder Oberstudienrates) und werde durch den Vergleich mit bestimmten Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes bestätigt.

Diese evidente Unangemessenheit der Grundgehaltssätze werde nicht durch die vom Gesetzgeber in Aussicht gestellten Leistungsbezüge aufgehoben. Wenn der Gesetzgeber Teile des Gehalts als fest und andere Gehaltsbestandteile als von Leistungskriterien abhängig ausgestalte, dann müssten bei für sich genommen nicht ausreichendem Grundgehalt die variablen Leistungsbezüge, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein. Dies ist sei vorliegend offensichtlich nicht der Fall.

Das Bundesverfassungsgericht hat davon abgesehen, eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes anzuordnen. Lediglich der Kläger und andere Professoren, die den Klageweg beschritten hatten, können mit einer Nachzahlung für die Vergangenheit rechnen.

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20.02.2012