Kindesunterhalt: Verpflichtung zur Aufnahme eines Bildungskredits?

Besonders beim volljährigen Kind stellt sich die Frage, inwieweit das Kind Kreditmittel in Anspruch nehmen muss, um den eigenen Unterhalt (in der Regel zur Absolvierung eines Ausbildung) zu finanzieren.

Allgemein anerkannt ist, dass ein Kind Geldmittel nach dem BaföG-Gesetz in Anspruch nehmen muss, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Das, was dem Kind über BaföG zufließt, reduziert dann den Unterhaltsanspruch des Kindes. Dies gilt selbst dann, wenn BaföG nur in Form eines Darlehens gewährt wird.

Das OLG Bremen hat sich in seinem Beschluss vom 10.9.2012 (Az. 4 UF 94/12, veröffentlicht in NJW-Spezial 2012, 740) mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein unterhaltsberechtigtes Kind auch verpflichtet ist, einen sog. Bildungskredit in Anspruch zu nehmen. Solche Kredite werden von Banken zunehmend angeboten, um Ausbildungen, in der Regel Studiengänge zu finanzieren.

Richtigerweise ist das OLG Bremen zu dem Ergebnis gekommen, dass BaföG und Bildungskredit nicht miteinander zu vergleichen seien. Während beim BaföG, selbst wenn es nur darlehensweise gewährt wird, keine Zinsen zu zahlen sind, ist ein Bildungskredit immer mit Zinsverpflichtungen verbunden, da kein Kreditinstitut Kredite ohne Zinsverpflichtung vergibt.

Da die Pflicht zur Aufnahme eines Bildungskredits daher letztlich dazu führen würde, dass ein grundsätzlich unterhaltsberechtigtes Kind seine Ausbildung selbst finanzieren würde, kann ein Unterhaltspflichtiger sein Kind nicht auf einen solchen Kredit verweisen.

Bewertung: Die Bewertung des OLG begegnet Bedenken, obwohl dem OLG im Ergebnis zuzustimmen ist. Die Bedenken beruhen auf folgenden Überlegungen:

  • Der Unterhaltspflichtige könnte auf die Idee kommen, seinem Kind ein zinsloses Darlehen zu gewähren, um eine Situation zu schaffen, die der bei Gewährung eines BaföG-Darlehens vergleichbar ist. Auch beim BaföG-Darlehen werden Zinsen nämlich nicht berechnet.
  • Es stellt sich daher die Frage, ob es nicht schon grundsätzlich falsch ist, der herrschenden Meinung zu folgen und das Kind auf ein BaföG-Darlehen zu verweisen, mit dem es seinen Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise selbst decken kann.
  • Würde man dem folgen, bliebe allerdings außer Acht, wie leistungsfähig der Unterhaltsverpflichtete ist. Ein Kind bekommt nämlich nur dann BaföG gewährt, wenn der Unterhaltspflichtige nicht oder nicht ganz in der Lage ist, den Unterhalt für die Ausbildung zu bezahlen. Sind die Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen daher gut, erhält ein Kind auch keine BaföG-Leistungen – egal ob darlehensweise oder als nicht rückzahlbare Leistung.
  • Im Ergebnis ist die Entscheidung des OLG Bremen daher richtig.

Tipp: Lassen Sie sich beraten; in unserer Praxis ist für das Familienrecht zuständig: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Robert Erdrich