Sozialplanabfindung und Diskriminierung wegen Alters oder Behinderung

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte sich in einer Entscheidung vom 06.12.2012 (C-152/11) mit der Frage zu befassen, ob Regelungen in einem Sozialplan, die eine Kürzung der Abfindung wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente vorsehen, gegen die europäische Richtline 2000/78/EG und damit gegen europäisches Gleichbehandlungsrecht verstoßen.

Der Sachverhalt

Ein Unternehmen hatte im Rahmen eines größeren Stellenabbaus mit dem Betriebsrat einen Sozialplan geschlossen, der die Zahlung von Abfindungen für Mitarbeiter vorsah, denen betriebsbedingt gekündigt werde. Zur Berechnung der Höhe der Abfindung gab es eine Standardformel, wonach ein sich aus einer Tabelle ergebender Altersfaktor mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Bruttomonatsgehalt zu multiplizieren war.

Zudem enthielt der Sozialplan Sonderregelungen für Mitarbeiter, die älter als 54 Jahre waren. Bei diesen war eine Berechnung der Abfindung nach einer Sonderformel vorgesehen, wonach sich die Abfindung auf der Basis der Monate bis zum frühestmöglichen Renteneintritt multipliziert mit dem Faktor 0,85 und dem Bruttomonatsgehalt errechnete. Frühestmöglicher Renteneintritt meinte hierbei auch die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente wegen einer Schwerbehinderung. Diese Mitarbeiter sollten eine Abfindung nur in Höhe der jeweils geringeren Abfindung nach der Standard- oder der Sonderformel erhalten, mindestens jedoch die Hälfte der Standardformel-Abfindung.

Grundsätze des EuGH

Der EuGH hat zu diesen Regelungen des Sozialplans folgende Grundsätze aufgestellt, die auch auf vergleichbare Sozialplanregelungen angewendet werden können:

  • Eine Regelung, die vorsieht, dass bei Mitarbeitern, die älter als 54 Jahre sind und denen betriebsbedingt gekündigt wird, die ihnen zustehende Abfindung auf der Grundlage des frühestmöglichen Renteneintritts berechnet wird und im Vergleich zur Standardberechnungsmethode eine geringere Abfindungssumme, mindestens jedoch die Hälfte dieser Summe, zu zahlen ist, verstößt nicht gegen europäisches Recht.
  • Anders ist dies bezüglich der Regelung, die bei der Berechnung der Abfindung auf die Möglichkeit, eine vorzeitige Altersrente wegen einer Behinderung zu erhalten, abstellt. Diese verstößt gegen das euröpäische Antidiskriminierungsrecht, da sie dazu führt, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer geringere Abfindungen als nicht behinderte Arbeitnehmer erhalten, ohne dass dies zur Erreichung sozialpolitischer Ziele erforderlich ist.

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EuGH (2. Kammer), Urt. v. 6.12.2012 – C-152/11 (Johann Odar/Baxter Deutschland GmbH), veröffentlicht u.a. in NJW 2013, 587