Der Bundesgerichtshof hat in einer neuen Entscheidung betont, dass bei einer fehlerhaften Anlageberatung ein Mitverschulden des Anlegers nur unter besonderen Umständen anzunehmen ist.
Der Sachverhalt
Ein Anleger hatte einen Anlageberater mit dem Vorwurf fehlerhafter Anlageberatung auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Auf Empfehlung des Anlageberaters hatte der Anleger eine Beteiligung über 150.000,00 zzgl. 9.000,00 Agio als atypisch stiller Gesellschafter an einem geschlossenen Fonds gezeichnet. Gegenstand des Fonds war ein ganzheitliches Mobilitätskonzept, bestehend aus FullServiceLeasing, der Vermietung von Automobilen sowie zusätzlichen daran angebunden Dienstleistungen und Leasinggeschäften aller Art. In dieses Geschäftsmodell sollte das Kapital der Anleger investiert werden.
In der Folgezeit erlitt der Anleger bei seinem Investment hoher Verluste. Er ging daher gerichtlich gegen den Anlageberater vor und argumentierte, dieser habe wahrheitswidrig angegeben, es handele sich um eine absolut sichere Anlage. Prognostisch könne mit einer Rendite von 12% p.a. gerechnet werden.
Ferner warf der Anleger dem Anlageberater vor, er habe über das Fugibilitätsrisiko, weiche Kosten von mehr als 15% und über die spezifischen Risiken der gezeichneten Anlage, insbesondere das Risiko des Totalverlustes, nicht ausreichend aufgeklärt. Der Anleger verlangte auf dieser Grundlage Zahlung von rund 100.000,00 nebst Zinsen sowie Freistellung von allen wirtschaftlichen Nachteilen und Verpflichtungen, die sich aus der Beteiligung ergeben.
Die Entscheidung
Das Landgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen. Auf die Berufung des Anlegers gab das Oberlandesgericht der Klage zu 50% statt. Die weitere Hälfte stand dem Anleger nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht zu, da ihm ein Mitverschulden anzulasten sei. Der Kläger habe leichtfertig hohe Beträge auf`s Spiel gesetzt, ohne sich zuvor mit der Geldanlage intensiv beschäftigt zu haben.
Nach Einlegung der Revision sprach der Bundesgerichtshof die Klage vollumfänglich zu. Der BGH konstatierte, dass im Falle eines Schadenersatzanspruches wegen der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten bei einer Kapitalanlage der Einwand des Mitverschuldens nur unter besonderen Umständen in Betracht komme.
Der Anleger könne sich regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen. Eine Ausnahme hiervon sei beispielsweise dann anzunehmen, wenn der Geschädigte über eigene Sachkunde oder über zusätzliche Informationen von dritter Seite verfüge.
Dass der Kläger erhebliche Beträge investiert habe, ohne sich zuvor mit der empfohlenen Anlage intensiv beschäftigt zu haben, begründe daher kein Mitverschulden. Das Verhalten belege letztlich nur, dass er sich auf die Aussagen des Anlageberaters sowie dessen Kenntnisse und Erfahrungen verlassen habe.
Der BGH verwies in diesem Zusammenhang auf seine ständige Rechtsprechung, wonach ein Anleger, der bei seiner Entscheidung die besondere Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters in Anspruch nehme, den Ratschlägen, Auskünften und Mitteilungen des Beraters, die dieser in einem persönlichen Gespräch unterbreite, besonderes Gewicht zumesse und zumessen dürfe.
Das Fazit
Der BGH setzt seine anlegerfreundliche Rechtsprechung fort. Auch zeigt der Fall anschaulich, dass die Instanzgerichte diese noch nicht ausreichend verinnerlicht haben. Anleger sollten bei Verlusten im Rahmen einer Geldanlage daher prüfen lassen, ob nicht Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhaften Anlageberatung in Betracht kommen.
BGH, 19.02.2015, III ZR 90/14
Autor: RA Markus Achenbach