Bindungswirkung eines Erbvertrags

Sachverhalt

Zwei Eheleute schlossen im Jahr 1992 einen Erbvertrag, in welchem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Zudem setzten sie den Sohn des Ehemanns aus erster Ehe als Alleinerben des Letztversterbenden ein. Die beiden Eheleute bestimmten im Erbvertrag, dass die Regelungen über den Tod des Erstversterbenden hinaus bindend seien. Eine Ausnahme regelten sie für den Fall des Überlebens der Ehefrau. Danach sollte die Ehefrau nicht an den Erbvertrag gebunden bleiben, wenn der Sohn des Ehemannes von ihr den Pflichtteil verlange.

Der Ehemann verstarb im Jahr 2002. In einer handschriftlichen Erklärung vom 22.11.2002 versprach die Ehefrau dem Sohn des Erblassers eine Schenkung über 70.000 €. Daraufhin zahlte sie ihm im Jahr 2002 einen Betrag in Höhe von 40.000 € und überwies ihm am 13.01.2003 weitere 30.000 €.

Im Rahmen eines handschriftlichen Testaments vom 23.05.2003 setzte die Ehefrau des Erblassers ihre Nichte als ihre Alleinerbin ein. Daneben erklärte sie im Rahmen des Testaments, dass der Erbvertrag nicht mehr bindend sei, da der Sohn des Erblassers den Pflichtteilsanspruch geltend gemacht habe.

Die Ehefrau verstarb im Jahr 2020. Sowohl die Nichte der Erblasserin als auch der Sohn des im Jahr 2002 verstorbenen Erblassers beantragten die Erteilung eines Erbscheins. Die Nichte stütze sich dabei auf die Erklärung der Erblasserin im Rahmen des Testaments und brachte vor, dass der am 13.01.2003 überwiesene Betrag in Höhe von 30.000 € dem Pflichtteil entsprochen habe.

Das Nachlassgericht erteilte den Erbschein zugunsten des Sohns des im Jahr 2002 verstorbenen Erblassers. Die Nichte der Erblasserin legte dagegen Beschwerde ein.

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 2.6.2020

In seiner Entscheidung (Az: 3 Wx 79/20, veröffentlicht in FamRZ 2021, 395) bestätigte das OLG die Entscheidung des Nachlassgerichts.

Das Testament der Erblasserin sei aufgrund der entgegenstehenden Bindungswirkung des Erbvertrags unwirksam. Die Bedingung für den Entfall der Bindungswirkung sei nicht eingetreten.

Da die Nichte der Erblasserin einen Erbschein beantragt habe, obliege es ihr die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die ihr Erbrecht stützten. Im vorliegenden Fall hätte die Nichte der Erblasserin die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sohn des Erblassers daher nachweisen müssen. Dies war ihr jedoch nicht gelungen.

Aufgrund der Erklärung der Erblasserin vom 22.11.2002 über die Schenkung von insgesamt 70.000 € konnte die im Jahr 2003 erfolgte Überweisung in Höhe von 30.000 € nicht im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gebracht werden.

Vor allem reichte auch die Erklärung der Erblasserin im Rahmen des Testaments nicht aus, um eine Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch den Sohn der Erblasserin zu belegen. Denn das OLG hielt diese Erklärung zu unpräzise, da diese vor allem keine Ausführungen dazu enthielt, wann die Geltendmachung erfolgt sein solle.

Weiterhin bestanden auch keine Zweifel an der Echtheit der Erklärung der Erblasserin über die Schenkung an den Sohn des Erblassers.

Im Ergebnis sei daher weiterhin der Erbvertrag maßgeblich, sodass der Erbschein dem Sohn des im Jahr 2002 verstorbenen Erblassers zu erteilen war.

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