Rückzahlung von Fortbildungskosten

Vereinbarung über die Rückzahlung von Fortbildungskosten

Möchten Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber, dass sich der Arbeitnehmer fortbildet, empfiehlt es sich, Regelungen bezüglich dem mit der Fortbildung verbundenen Arbeitsausfall des Arbeitnehmers sowie den Kosten der Fortbildungsmaßnahme zu treffen.

Wenn – was üblich ist – , der Arbeitgeber die Kosten tragen soll, möchte er natürlich sichergestellt haben, dass er dann auch in den Genuss der erweiterten Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitnehmers kommt. Er möchte nicht riskieren, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung der Fortbildung zu einem Wettbewerber geht, der dann in den Genuss der Kenntnisse des fortgebildeten Arbeitnehmers kommt.

Der Arbeitnehmer wiederum möchte nicht auf unabsehbare Zeit an den Arbeitgeber gebunden sein, der die Fortbildung ermöglicht und bezahlt hat.

Forbildungskosten zurückbezahlen? Auf die folgenden Punkte kommt es an:

Die Rechtsprechung – insbesondere das Bundesarbeitsgericht – hat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Urteilen erlassen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Dabei kommt es insbesondere auf folgende Gesichtspunkte an:

  1. Erst in jüngerer Zeit hat das BAG die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes (allgemeine Geschäftsbedingungen) bejaht. Dies hat zur Folge, dass die Anforderungen an eine wirksame Vereinbarung noch einmal erhöht wurden. Unter anderem muss nun darauf geachtet werden.So dürfen die Bindungs- und Rückzahlungsklauseln nicht an einer versteckten Stelle des Vertrages stehen, für den Arbeitnehmer also nicht überraschend sein. Auch muss nachvollziehbar formuliert werden, so dass der Arbeitnehmer erkennen kann, was auf ihn zukommt. Dies betrifft z.B. die Darstellung der Kosten dem Grunde und der Höhe nach.
  2. Eine Rückzahlungsverpflichtung ist generell nur dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer die durch die Fortbildung erworbenen Fähigkeiten auch außerhalb des Arbeitgeberbetriebes nutzen kann. Die Bindungsdauer muss angemessen sein. Generell wird eine Überschreitung von 5 Jahren für unzulässig erachtet, wie dies auch gesetzlich vorgesehen ist (§ 624 BGB).Wenn der Arbeitnehmer zur Durchführung der Fortbildung von der Arbeitsverpflichtung freigestellt wird, ist die Dauer dieser Freistellung entscheidend für die Dauer der Bindungswirkung Dabei wurden folgende Regeln aufgestellt, wobei man jeden Einzelfall mit seinen Besonderheiten genau analysieren muss:
    • 1 Monat Fortbildung beschränkt die Bindungswirkung auf 6 Monate
    • 2 Monate auf 12 Monate
    • 3-4 Monate auf 24 Monate
    • 6-12 Monate auf 36 Monate
    • Mehr als 24 Monate auf 5 Jahre
  3. Was die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers bei vorzeitigem Ausscheiden betrifft, kann nicht bei jeglicher Art der Beendigung eine Zahlungsverpflichtung bestehen. Folgende Kriterien hat der BAG entwickelt:Scheidet der Arbeitnehmer innerhalb der Bindungsdauer aus, heißt dies noch nicht automatisch, dass dann die sich errechnende Rückzahlung auf jeden Fall zu erfolgen hat.Zu prüfen ist immer zusätzlich, ob eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vorliegt, was zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung führen kann, obwohl eine der oben aufgelisteten Tatbestände vorliegt.
    • Bei berechtigter Eigenkündigung des Arbeitnehmers entfällt eine Rückzahlungsverpflichtung, womit die Fälle gemeint sind, in denen massives Fehlverhalten des Arbeitgebers (z.B. Nichtzahlung des Arbeitslohns) zu Kündigung geführt hat.
    • Auch eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber löst keine Zahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers aus
    • Fehlende Bereitschaft des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer entsprechend seiner Ausbildung/Fortbildung zu beschäftigen
    • Kann der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden dauerhaft seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen, ist er nach einer neuen Entscheidung des BAG nicht zur ganzen oder teilweisen Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. (BAG-Urteil vom 1.3.2022, Az. 9 AZR 260,21, veröffentlicht in NZA 2022, 786) Das BAG begründet dies damit, dass diese personenbedingte Unfähigkeit dem Unternehmerrisiko des Arbeitgebers zuzurechnen ist.

Bonn, den 27.6.2022

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Robert Erdrich

Sie sind in einer ähnlichen Lage? Ihr Arbeitgeber fordert Sie auf die übernommenen Fortbildungskosten zu zahlen oder Ihr Arbeitnehmer möchte die Kosten nicht tragen? Lassen Sie sich gerne von uns beraten. Rechtsanwalt Robert Erdrich ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bonn und berät Sie ganzheitlich zum Arbeitsrecht, ganz gleich ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Kontaktieren Sie uns während unserer Öffnungszeiten telefonisch unter 0228 983720, nutzen Sie unser Kontaktformular oder schreiben Sie uns eine E-Mail an bonn@erdrich-coll.de.