Kann ein Erbrecht auf ein nicht vorhandenes, schriftliches Testament gestützt werden? Das OLG München (Beschluss vom 22.4.2010 Az. 31 WX 11/10, veröffentlicht in NJW-Spezial 2010, 391) hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Ein Erblasser hatte mehrere Testamente gefertigt, in welchen er verschiedene Personen als Erben eingesetzt hatte.
Im zeitlich letzten Testament, welches nach dem Tod vorgefunden wurde, war eine bestimmte Person zum Erben eingesetzt worden. Eine andere Person behauptete, sie wisse, dass der Erblasser noch ein weiteres später verfasstes Testament gefertigt habe, in welchem sie als Erbe eingesetzt worden sei. Diese Person verlangt daraufhin, als Erbe anerkannt zu werden.
Lösung
Wie viele andere Gerichte auch ist das OLG München der Auffassung, dass ein Erbrecht auch auf ein nicht vorhandenes schriftliches Testament gestützt werden kann. Voraussetzung ist dann aber, dass zweifelsfrei bewiesen werden kann, dass ein solches weiteres Testament tatsächlich einmal existiert hat und dass der, der dies bezeugen kann, dieses Testament auch selbst gesehen hat.
Eine solche Augenscheinnahme ist notwendig, damit Sicherheit besteht, dass dieses Testament auch formwirksam erstellt wurde (insgesamt handschriftlich verfasst, eigenhändig unterschrieben, klare Bestimmungen). In dem vom OLG entschiedenen Fall existierte nur ein Zeuge, der mit dem Erblasser einmal über ein weiteres Testament gesprochen hatte. Er hat dieses Testament aber niemals gesehen. Dies genügte dem OLG nicht, um davon ausgehen zu können, dass tatsächlich ein weiteres Testament existierte.
Sollten Sie Fragen zum Erbrecht haben, wenden Sie sich bitte an den in unserer Praxis für Erbrecht zuständigen Rechtsanwalt Robert Erdrich.