Sehr häufig kommt es vor, dass Eltern ihren Kindern schon zu Lebzeiten Vermögen übertragen wollen.
Dabei wollen die Eltern mit dieser Vermögenszuwendung nicht bis zum Tod warten, auf der anderen Seite aber den anderen Kindern gegenüber sicherstellen, dass alle Kinder gleich behandelt weden. So kommt es häufig zu der Formulierung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder ähnlichen Formulierungen.
Der BGH (Urteil vom 27.1.2010 Az. IV ZR 91/19, veröffentlicht in NJW 2010, 3023) hatte über einen solchen Fall zu entscheiden. Dabei hat er zunächst festgestellt, dass die Erklärung anlässlich der Zuwendung (im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich) missverständlich sei. Denkbar sei
- dass mit der Zuwendung zugleich auch die Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung gewünscht war
- dass mit der Klausel lediglich klargestellt werden sollte, dass der Empfänger das, was er eigentlich erst mit dem Tod des Erblassers erhalten sollte, nun schon zu Lebzeiten bekommt, ohne dass dies Auswirkungen auf seine erbrechtliche Stellung haben sollte. Was der Schenkende bzw. künftige Erblasser gemeint hat, muss nach Auffassung des BGH durch eine Gesamtbewertung aller relevanten Umstände ermittelt werden. Dabei soll es insbesondere auf die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Zuwendung und Testamentserrichtung ankommen.
- Auch soll die Frage eine Rolle spielen, wie der Empfänger den übertragenen Gegenstand wirtschaftlich nutzen kann.
- Schließlich müsse geprüft werden, in welchem Verhältnis der lebzeitig übertragene Gegenstand zum Gesamtvermögen des Schenkers/Erblassers stehe.
- Ebenso könnten Vorstellungen des Erblassers über eine gleichmäßige Behandlung von Abkömmlingen eine Rolle spielen.
Wie man sieht, kommt es auf den Einzelfall an. Es muss in jedem konkreten Fall ermittelt werden, was gemeint gewesen sein kann. Es ist daher nicht einfach, eine Lösung zu finden.
Sollten Sie Fragen zum Erbrecht haben, wenden Sie sich bitte an den in unserer Praxis für Erbrecht zuständigen Rechtsanwalt Robert Erdrich.