Der BGH (Beschluss vom 12.2.2014, Az XII ZB 607/12, veröffentlicht in NJW 2013, 1177) hat folgenden Sachverhalt beurteilt:
Als der auf Unterhalt in Anspruch genommene Sohn 18 Jahre alt waren, wurde die Ehe seiner Eltern geschieden. Ein Jahr bestand noch loser Kontakt zum Vater, der dann aber völlig abbrach. In einem Testament verfügte der Vater, dass der Sohn auf den strengsten Pflichtteil gesetzt werde. Als der Vater in ein Heim kam, nahm er über das Amt den Sohn auf Elternunterhalt in Anspruch, da seine eigenen Einnahmen nicht ausreichten, die Heimkosten zu bezahlen. Der Sohn war der Auffassung, dass der vollkommene Kontaktabbruch, der jahrzehntelang gedauert habe, Unterhaltsansprüche des Vaters habe entfallen lassen.
Die Entscheidung
Der BGH hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Sohn für den Vater Unterhalt zu zahlen habe. Zwar stelle ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch regelmäßig eine Verfehlung dar. Diese führe jedoch nur ausnahmsweise zur Verwirkung des Elternunterhalts. Die schutzwürdigen wirtschaftlichen Interessen des Kindes müssten tiefgreifend beeinträchtigt sein.
Diese Voraussetzungen lägen bei einer bloßen Kontaktverweigerung nicht vor; es müssten vielmehr weitere Umstände hinzutreten. Dies liege z.B. vor, wenn der Elternteil sein Kind schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen hat und sich im Anschluss nicht mehr in nennenswertem Umfang um das Kind gekümmert hat.
Der vorliegende Fall zeichne sich auch dadurch aus, dass der Vater bis zum 18. Lebensjahr des Sohnes in der Familie mit der Mutter und dem Sohn zusammengelebt habe und es erst danach zur Trennung und zum Kontaktabbruch gekommen sei. Dies sei nicht als vollkommen unwürdiges Verhalten zu bezeichnen, das zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen führe.
Fazit
Es lohnt sich für Angehörige, die auf Unterhalt für die Eltern in Anspruch genommen werden, sich fachkundig beraten zu lassen. Erinnert sei daran, dass eine Unterhaltspflicht den Eltern gegenüber auch dann entfallen kann, wenn die Eltern früher selbst ihren Verpflichtungen den Kindern gegenüber nicht oder nicht ohne weiteres nachgekommen sind. Musste sich ein Kind z.B. den Unterhalt gegen ein Elternteil erstreiten und deswegen vielleicht sogar vollstrecken, kann dies ein Grund dafür sein, dass dieses Kind keinen Unterhalt für diesen Elternteil zu zahlen hat.
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