Wenn die Eltern eines minderjährigen Kindes finanziell nicht in der Lage sind, für den Unterhalt dieses minderjährigen Kindes aufzukommen, können die Großeltern verpflichtet sein, für das Enkelkind Unterhalt zu zahlen (§ 1607 I BGB).
Dabei ist zunächst darauf zu achten, dass der Elternteil, bei dem das Kind lebt, nicht barunterhaltspflichtig ist, da er ja das Kind in seinem Haushalt versorgt (Wohnung gewährt, mit Essen versorgt, Kleidung kauft etc.). Die Barunterhaltspflicht trifft also in aller Regel den, bei dem das Kind nicht wohnt.
Nur dann, wenn der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, über ein deutlich höheres Einkommen verfügt als der andere Elternteil, kann zu der Betreuung und Versorgung des Kindes auch noch die Barunterhaltspflicht hinzu kommen.
Das OLG Oldenburg hat sich in einem am 16.12.2021 verkündeten Beschluss (Az. 13 UF 85/20, veröffentlicht in FamRZ 2022, 790) mit der Haftung der Großeltern befasst.
Die Mutter, bei der das Kind lebte, bezog nur Einkünfte aus einer Halbtagstätigkeit und war nicht leistungsfähig, da die Einkünfte zu gering waren (selbst bei einer vollschichtigen Tätigkeit wären die Einkünfte nicht höher gewesen als der angemessene Selbstbehalt, der der Mutter verbleiben muss).
Der Vater ging überhaupt keiner Tätigkeit nach und erzielte daher keine Einkünfte. Er war zwar trotzdem zu Unterhaltszahlungen verpflichtet worden, da ihm fiktive Einkünfte zugerechnet wurden. Allerdings war die Zwangsvollstreckung erfolglos, da der Vater eben über keine Einkünfte verfügte und ansonsten offenbar auch kein pfändbares Vermögen besaß.
In diesem Fall hielt das OLG (im Gegensatz zum erstinstanzlichen Amtsgericht) die Großeltern für unterhaltspflichtig.
Bewertung von Fachanwalt Robert Erdrich aus Bonn
Der Beschluss des OLG ist richtig. Für Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes gelten verschärfte Haftungsregeln, da ein mj. Kind keine Möglichkeit hat, sich mit selbst verdientem Geld zu unterhalten. Dem Kind nützt es auch nicht, wenn ein Unterhaltstitel existiert, solange aus ihm keine Zahlungen erreicht werden können.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Robert Erdrich
Bonn, den 30.5.2022
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